Wie hoch die Heizkosten – also der Strom- und Gasverbrauch – in einem Einfamilienhaus sind, wussten wir im Vorfeld nicht wirklich. Das lag daran, dass wir bisher in einer Wohnung mit 90qm² zur Miete gewohnt haben. Ein Einfamilienhaus mit 140qm² ist dann doch was anderes. Dazu kommt, dass die Heizkosten im ersten Jahr nach dem Neubau sowieso höher sind, da das Haus zu Beginn noch zu Ende “trocknen” muss.
Die Frage nach den Heizkosten ist auch deshalb so wichtig, weil du ja vor Baubeginn kalkulierst, wie viel Haus du dir leisten kannst. Und dann rechnest du neben der Tilgung und Zinsbelastung ja auch die Nebenkosten mit ein. Nachdem die Hausanschlüsse fertig waren, haben wir uns dann intensiver auf die Suche nach einem Strom- und Gasanbieter gemacht.
Bei der Recherche nach Erfahrungswerten kamen wir aber nicht sonderlich weit, weshalb wir nun nach einem Jahr den Verbrauch einmal aufschlüsseln und denken, dies ist für jeden Häuslebauer eine Hilfe bei der Planung der eigenen Hausbau Kosten.
Energieverbrauch im Einfamilienhaus bei Erstbezug
Noch während der Bauphase ist es notwendig Strom und Gas anzumelden. Für die Kalkulation der Wohnnebenkosten wäre der Verbrauch wie gesagt vorher schon nicht uninteressant gewesen, aber in der Praxis ist es natürlich sehr schwer, hier eine pauschale Aussage zu erhalten, die dem später auch standhält. Zu unterschiedlich sind die Gegebenheiten wie Hausgröße, Nutzung der Räume, Wohlfühltemperatur und Warmwassernutzung.
Aber spätestens wenn der Gas- und Stromzähler angeschlossen wurden, werden günstige Anbieter benötigt. Natürlich kann man hier auf die Versorgung durch den Grundversorger setzen, aber zumindest wir – und vermutlich auch viele andere Bauherren – versuchen nach dem Bau jeden unnötigen Euro zu vermeiden. Denn die Kosten beim Grundversorger (in unserem Fall E.ON) waren sehr hoch.
Und so haben wir uns frühzeitig um entsprechende Angebote gekümmert, denn nichts ist einfacher, als bei einem Neuanschluss Verträge abzuschließen. Man benötigt keine Kündigung und es reicht die Zählernummer, der Zählerstand ist logischerweise bei null. Die geplanten Verbrauchswerte haben wir nach einiger Recherche im Internet geschätzt. Zu bedenken gibt es, dass der Verbrauch bereits während der Bauphase beginnt, nachdem der Baustrom demontiert wurde.
Hoher Verbrauch bis zum Einzug in den Neubau
Noch vor Einzug gibt es einen wichtigen Punkt, der nicht außer Acht gelassen werden darf: Der Estrich muss trocknen. Wer eine Fußbodenheizung verbauen lässt, nutzt dafür unter anderem das Aufheizprogramm dieser Fußbodenheizung.
Hierbei wird über einen festgelegten Zeitraum die Heizung automatisch auf bis zu 50 Grad hochgeheizt, verbleibt einige Tage so und senkt die Temperatur dann wieder auf. Da dieser Vorgang insgesamt bis zu vier Wochen dauert, wird dafür natürlich enorm viel Energie verbraucht. Parallel zum Aufheizprogramm stellt man dann noch Bautrockner auf, die wahre Stromfresser sind!
Hinzu kommt, dass die lieben Handwerker während der Aufheizphase im Haus den Innenausbau fortsetzen und dabei gerne Fenster und Türen öffnen, weil es Ihnen im Haus zu warm wird. Das ist verständlich, sorgt aber natürlich für noch mehr (unnötigen) Stromverbrauch.
Im ersten Jahr besonders hohe Energiekosten
Eingezogen sind wir nach erfolgreicher Hausübergabe im Dezember. Erfolgreich heißt aber nicht, dass dann alles fertig ist. Um die festgehaltenen Mängel im Haus zu beseitigen, kamen anschließend wöchentlich Handwerker, welche immer wieder die Eingangstür offen ließen. Der Fliesenleger zum Beispiel kam noch weitere vier Mal (!), um Mängel zu beseitigen und bei der Beseitigung für neue Mängel zu sorgen… Die Fliesen wurden dabei zum Teil draußen geschnitten, weil wir den ganzen Dreck natürlich nicht mehr im Haus haben wollten. So war dann aber ein ständiges “Rein und Raus” nicht zu vermeiden, wodurch das Haus beinahe täglich auskühlte und im Anschluss wieder auf die angenehme Wohlfühltemperatur hoch geheizt werden musste.
Dazu muss insbesondere die Monate nach dem Einzug in das neu gebaute Einfamilienhaus konsequent Stoßlüften betrieben werden, um die warme feuchte Luft gegen die kalte trockene Luft von draußen auszutauschen und so Schimmelbildung zu verhindern.
Als das führte dazu, dass wir bereits im Monat des Einzugs, zwei Monate nach Anmeldung der eigenen Anschlüsse, knapp 1100 kWh Strom und 440 m³ Gas verbraucht hatten.
Unser Strom- und Gasverbrauch im 1. Jahr im Einfamilienhaus
Die Fakten:
- 140 qm Einfamilienhaus, 5 Zimmer, KfW-70 Standard
- Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
- Fußbodenheizung
- Arbeitszimmer
- 2 Personen, die es gerne mollig warm mögen
- Hamburger Region, gerne mal windig und regnerisch
- Wasser mit unterstützender Solarerwärmung
- Einzug im Dezember
- Inkl. Aufheizprogramm der Fußbodenheizung und Estrich Trocknung
Wir lesen jeden Monat, meist am letzten des Monats, die Zählerstände ab, um unser Verhalten und die Kosten im Blick zu haben. Wir leben nicht besonders energiesparend, achten aber auf unser Verhalten. Wir setzen auf LED-Beleuchtung und haben die Heizung dank verschiedener Einstellungen optimiert. Bisher leben wir hier ohne Kinder, aber durch die Nutzung eines Arbeitszimmers ist das Haus nahezu täglich “in Benutzung”. Auch die Küche, der Herd und der Backofen sind in häufiger Nutzung. Dennoch würde ich unser Verhalten als Durchschnittlich bezeichnen.
Aber unabhängig vom Verhalten, hat ein Neubau eine Restfeuchte und diese muss natürlich mit der Zeit aus dem Haus, um Schimmel zu verhindern. Somit sind die Kosten in den ersten Jahren grundsätzlich etwas höher und sinken dann mit der Zeit.
Unsere Gas- und Stromverbrauch im Einfamilienhaus im ersten Jahr
Zählerstand | Strom | monatlicher Verbrauch in kWh | Gas | monatlicher Verbrauch in m³ |
Oktober 2015 | 0 | – | 0 | – |
31.12.2015 | 1144,5 | 1144,5 | 446,66 | 446,66 |
03.02.2016 | 1429,0 | 284,5 | 694,8 | 248,14 |
29.02.2016 | 1654,5 | 225,5 | 853,913 | 159,113 |
31.03.2016 | 1924,2 | 269,7 | 1004,84 | 150,927 |
30.04.2016 | 2188,6 | 264,4 | 1088,288 | 3,448 |
31.05.2016 | 2409,7 | 221,1 | 1107,176 | 18,888 |
30.06.2016 | 2624,7 | 215 | 1111,627 | 4,451 |
31.07.2016 | 2832,3 | 207,6 | 1115,7 | 4,073 |
31.08.2016 | 3059,3 | 227 | 1123,115 | 7,415 |
30.09.2016 | 3262,1 | 202,8 | 1130,315 | 7,415 |
31.10.2016 | 3518,0 | 255,9 | 88,62* | 7,2 |
Jahresverbrauch | 3518 | 1137,73 |
*Wir haben einen neuen Gaszähler bekommen, weil der alte gequietscht hat, wenn sich eine Rädchen gedreht hat.
Wir hatten einen hohen Verbrauch einkalkuliert und haben beinahe eine Punktlandung hingelegt, bekamen sogar beim Gas- und beim Stromanbieter jeweils eine kleine Rückerstattung. Dies ist unheimlich wichtig, denn welcher Bauherr hat nach dem ersten Jahr Interesse daran, eine Nachzahlung für Strom und Gas einzuplanen. Gerade zu Beginn gibt es so viel wichtigere Investitionen im Einfamilienhaus.
Strom- und Gasanbieter vergleichen, jährlich kündigen
Das 1. Jahr im Neubau ist schnell vorbei. Um auch im nächsten Jahr wieder gute Konditionen zu erhalten, ist ein Wechsel des Gas- und Stromanbieters empfehlenswert bzw. eigentlich sogar zwingend notwendig. Denn bei jedem Anbieter erhalten Neukunden bessere Konditionen als treue Bestandskunden, weshalb sich der “Aufwand” wirklich lohnt.
Wichtig ist es eigentlich nur, natürlich die Kündigungsfristen im Blick zu behalten. Wir haben gerade erst wieder gewechselt, nachdem wir Vergleichsportale wie Check24 durchstöbert haben. Bei solchen Portalen kann auch direkt der Vertragsabschluss in die Wege geleitet werden, die Kündigung des alten Anschlusses übernimmt auch der neue Anbieter für euch.
Darauf verlassen wir uns aber ungern, weshalb ich die Verträge einige Wochen bevor ich einen neuen Anbieter auswähle selber kündige. Das ist besonders einfach und komfortabel mit Aboalarm. So gehe ich sicher, dass ich die Kündigungsfrist, die ja von Anbieter zu Anbieter unterschiedlich sein kann, nicht verpasse.
Wir haben den Verbrauch für das 2. Jahr nun niedriger angesetzt und hoffen, hier mit einer guten Prognose keine Nachzahlung zu erhalten. Durch das Ablesen der Werte für Gas und Strom können wir dies ja gut im Blick behalten und rechtzeitig Rücklagen bilden, wenn wir wider Erwarten einen höheren Verbrauch haben sollten. Beim Ablesen der Werte solltet ihr darauf achten, ob an der Uhr kWh oder m³ gezählt werden. Den Faktor zur Umrechnung kann nur der örtliche Netzbetreiber nennen. Aber in der Regel ist der Umrechnungsfaktor von m³ auf kWh ungefähr 10.
Heizverhalten anpassen um Heizkosten zu sparen
Um nach dem Einzug die Heizkosten zu reduzieren, empfiehlt es sich die Einstellungen an der Heizungsanlage zu überarbeiten und an das eigene Wohnverhalten anzupassen. In der Regel muss Warmwasser nicht mehr nach 20 Uhr erzeugt werden, zumal ja noch 300 Liter im Warmwassertank vorhanden sind. Bei uns wird dies erst wieder Morgens zum Duschen benötigt. Auch kann die Temperatur der Heizung nachts abgesenkt werden, wenn ihr tagsüber arbeiten seid, ist ein ständiges Heizen ebenfalls nicht nötig. Diese kleinen Tipps helfen schon, die Energiekosten zu reduzieren.
Darüber hinaus freuen wir uns mittlerweile doppelt über gutes Wetter. Denn wenn die Sonne scheint, wird die Solarzelle auf dem Dach genutzt und wir sparen Energiekosten für die Erwärmung von Warmwasser. Im Sommer hatten wir dadurch nur einen Bruchteil (ca. 5%) der Heizkosten, gemessen an den intensiven Wintermonaten.
Zusammenfassung
- Beitrag höher ansetzen, lieber Rückerstattung als Nachzahlung
- Die Energiekosten sind im ersten Jahr am höchsten
- Jährlicher Wechsel der Energieversorger empfohlen
- Zählerstände monatlich dokumentieren und vergleichen
- Heizungsanlage optimieren
- Richtig lüften – Stoßlüften
- Auf LED Technologie setzen
Danke, super Beitrag und sehr hilfreich!
Als wir in unser Haus eingezogen sind, haben wir haben leider den Fehler gemacht einen Vertrag beim Grundversorger abzuschließen. Wir haben uns dabei ordentlich verrechnet, aber aus solchen Fehlern lernt man auch.
Mittlerweile wechseln wir eigentlich jährlich den Anbieter, so wie du es beschrieben hast, ist es echt einfach und man hat wenig Aufwand damit.
Lg,
Melissa
Danke für den tollen Beitrag. Wir stehen noch ganz am Anfang und recherchieren und informieren uns noch. Doch gerade bei Thema heizen haben mein Mann und ich völlig unterschiedliche Auffassungen. Ich tendiere momentan zu einer dieser modernen Infrarotheizungen, da diese meiner Meinung nach nicht nur einen niedrigen Stromverbrauch haben, sondern eine tolle Wärme produzieren und auch noch klasse aussehen.
Da ist es aber sehr gut auch mal eine Abrechnung und die Erfahrungswerte von eurer klassischen Heizung als Vergleich vorliegen zu haben.
Lg Gabi
Super Beitrag! Danke.
Danke für den Beitrag. Beschäftige mich im Moment auch viel mit dem Thema Heizung. Lese immer sehr gerne hier!
Interessanter Beitrag. Nun ja, zum Glück sind die Heizkosten nur im ersten Jahr hoch ausgefallen. Die Bauarbeiter, welche zu heiss im Haus hatten und der Einsatz von einem Bautrockner mussten ja sein. 🙂 Aber gut zu wissen, wenn wir mit dem Beginn des Baus unseren Hausers beginnen. 🙂 Danke für den informativen Artikel.
Danke für den Artikel. Dies ist wieder ein Argument mehr *gegen* Estrich und *für* nachhaltige Baustoffe, auch wenn sie erst einmal eine etwas höhere Anfangs-Investition erfordern.